Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg – Vortrag von Ulrike Eifler
Am 31. Januar war die Gewerkschafterin, Politologin und Mitglied der Linken Ulrike Eifler in Schweinfurt zu Gast, um über Gewerkschaften und die Friedensbewegung zu sprechen. Rund 50 Menschen fanden den Weg in die Sportgaststätte des TV Oberndorf, um sich den Vortrag anzuhören. Eingeladen hatte die DKP zusammen mit den Freidenkern, der Linken sowie dem Lesekreis der NachDenkSeiten und der IG Metall.
Eifler stellte dabei ein Buch vor, dessen Herausgeberin sie ist: “Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg – Zur Rolle der Gewerkschaften in der Friedensbewegung”. Dieses war beim Vortrag auch zu erstehen, was auf reges Interesse stieß. Zunächst schilderte sie den Anlass für das Buch, das Beiträge einiger bekannter Linker und Gewerkschafter wie Thomas Händel, Ingar Solty, Janine Wissler, Özlem Alev Demirel und Jeremy Corbyn beinhaltet: Vor allem ging es darum, die Friedensdebatte in den Gewerkschaften anzustoßen und am Laufen zu halten. Das Buch sollte dabei die Grundlage für die Debatte bilden.
Sehr bald kam Eifler auf die US-Mittelstreckenraketen zu sprechen, die in Deutschland stationiert werden sollen; diese seien Erstschlagswaffen, die daher enormes Eskalationspotenzial bergen. Es gibt keinerlei Forderungen an Russland, deren Erfüllung zum Abzug dieser Waffen führen könnte. Die USA könnten dann von deutschem Boden aus Russland angreifen – und wenn Moskau sich das nicht gefallen lassen will, wird die Bundesrepublik zum Ziel. In den 80ern musste in den Gewerkschaften um die Friedenspositionen gerungen werden, allerdings gab es dann doch große Proteste. Genau die seien heute wieder nötig.
Im Weiteren betonte Eifler, die “Zeitenwende” bedeute nicht, dass die Bevölkerung entsprechend kriegsbegeistert sei. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Gerade weil die Bevölkerung nicht kriegstüchtig ist, gehen die Herrschenden derartig in die Offensive (Bundeswehr-Werbung auf Pizzakartons und beim Bäcker, Bundeswehr-Aktionen in Schulen, Ausrichtung des Sportunterrichts auf Wehrfähigkeit usw.). Wir dürfen uns auch nicht einreden lassen, so Eifler, dass wir in den Jahrzehnten des Friedens (für uns) ein unverdientes Privileg genossen hätten. Ganz im Gegenteil: Frieden ist ein Grundrecht, in dessen Genuss jeder Mensch zu kommen verdient.
Die “Zeitenwende” ist in mehrfacher Hinsicht ein Angriff auf die Werktätigen: So würden zum Beispiel Tarifverhandlungen schwieriger, die Folgen von Inflation und Sozialabbau seien auf diesem Wege nicht auszugleichen. Die Appelle, “wir” müssten “den Gürtel enger schnallen”, weil das Geld für die Rüstung gebraucht werde, entsprechen den Wünschen des Kapitals. So sei beispielsweise im Spiegel gefordert worden, die Rentner müssten für die Aufrüstung zahlen und ihr Lebensstandard sinken: So haben diese doch jahrzehntelang den Frieden genossen, ohne etwas zur “Verteidigung” beizutragen. Und diese Entwicklung steht uns allen bevor.
Zugleich werde der Sozialabbau zunehmen. Die Umverteilung nach unten sei schon in Friedenszeiten schwierig, auf Kriegskurs hingegen kaum zu machen. Hans-Jürgen Urban habe festgestellt, dass die Sozialpolitik heutzutage weit entfernt sei von Reformpolitik, sondern nur noch vor dem Schlimmsten schützt. Angesichts der Zeitenwende ist zu erwarten, dass nicht mal das der Fall sein wird, wird der Sozialstaat doch inzwischen nur noch als Kostenfaktor betrachtet. Es werde bereits offen der Sozialkahlschlag gefordert, und man ist sich nicht mal zu schade, auf die alte Naziparole “Kanonen statt Butter” Bezug zu nehmen. Und schon jetzt werden Arbeitslose verstärkt als Kanonenfutter rekrutiert.
Hinzu komme, dass der Sozialabbau auch mit Demokratieabbau einhergehe: Der Diskurs wird immer mehr verengt, Kritik ist kaum noch möglich. Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbands André Wüstner darf unwidersprochen von Kriegswirtschaft reden. Minister mischen sich in Tarifverhandlungen ein – so etwa Boris Pistorius, der offen gesagt habe, ein allzu hoher Tarifabschluss sei ihm gar nicht so recht, denn das gehe ja auf Kosten der Rüstung. Und durch das neue Tariftreuegesetz sollen in entscheidenden Branchen ein Arbeitszwang durchgesetzt und Grundrechte eingeschränkt werden. Darüber hinaus soll die Maximalarbeitszeit von Soldaten heraufgesetzt werden – und jedem muss klar sein, dass das nur ein Vorbote ist. Denn was wir “unseren Soldaten” abverlangen, das muss im Hinterland natürlich nachvollzogen werden …
Zum Schluss äußerte Eifler unter Bezug auf Jeremy Corbyn einen interessanten Gedanken: Es reicht nicht, einfach gegen die aktuellen Zustände zu sein; wir müssen dem unsere positive Vision einer sozialistischen Gesellschaft entgegenhalten. So sei etwa die Klimabewegung daran gescheitert, dass sie zwar antikapitalistisch auftrat, aber keine Alternative zu diesen Zuständen anbot (und nicht vom Frieden sprach). Wir im Gegenteil müssten den herrschenden Verhältnissen eine positive Alternative entgegenstellen. Als DKP sehen wir genau das als unsere Aufgabe an.
Ralph Petroff