Trump Spiele
Man lernt nie aus. Seit 2018 ist bekannt, dass die Fußballweltmeisterschaft 2026 in den USA, Kanada und Mexiko stattfinden wird (warum dafür drei Länder notwendig sind, ist eine berechtigte Frage, die hier aber zu weit führt). Die Begeisterung war groß: Nach den Turnieren in Russland 2018 und Katar 2022 findet die WM endlich wieder in der “freien Welt” statt! Dass in den USA die sozialen Menschenrechte sowie jene speziell der schwarzen Bevölkerung mit Füßen getreten werden, Kanada erst vor wenigen Jahren für die Be- oder besser Misshandlung der Ureinwohner in die internationalen Schlagzeilen geriet und in Mexiko als gefährlichstes Land der Welt für Journalisten gilt (von den Aktivitäten der Kartelle und den Frauenmorden in Juárez ganz zu schweigen) – wen interessiert das? Man muss doch nicht immer alles so politisieren …
Doch genau das geschieht nun. Als ich mich einfach nur in mein E-Mail-Postfach einloggen wollte, erfuhr ich, dass 2026 nicht etwa die Fußball-WM stattfinden wird – wo denken Sie hin! Es sind natürlich die “Trump-Spiele” – dass noch zwei weitere Länder daran beteiligt sind, fällt da nicht weiter ins Gewicht. Dabei wollen wir keineswegs Donald Trump verteidigen – haben wir uns doch selbst bereits kritisch mit ihm auseinandergesetzt. Was uns aber stört, ist diese Scheinheiligkeit: Solange Joe Biden Präsident war (wie gesagt, die anderen beiden Regierungschefs zählen anscheinend nicht), waren all die oben genannten Probleme auch schon vorhanden – aber eben einfach kein Thema. Und ich traue mich wetten (obwohl das natürlich müßig ist, da es sich nicht beweisen lässt), dass heute niemand empört von den “Harris-Spielen” sprechen würde, wäre Kamala Harris im Januar ins Weiße Haus eingezogen.
Kritisiert wird an Trump vor allem zweierlei: seine Immigrationspolitik und seine Außenpolitik. Erstere ist in der Tat kritikwürdig – aber es ist reichlich scheinheilig, wenn sich ausgerechnet Olaf “Im großen Stil abschieben” Scholz und Friedrich “Zahnarzt” Merz (bzw. deren Parteigänger) über die harte US-Einwanderungspolitik aufregen. Um an dieser Stelle aus der Bibel zu zitieren: “Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, dann kannst du zusehen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen!“ (Matthäus 7,5) Und dann fordert doch tatsächlich eine “Expertin”, die FIFA solle diesbezüglich Druck auf Trump ausüben – als würde den das interessieren. Und vor allem: Als würde sich die FIFA für etwas anderes als das große Geld und alle vier Jahre die neue “beste WM aller Zeiten” interessieren und sich das durch irgendwelche Störgeräusche kaputtmachen lassen …
Doch das wahre Verbrechen Trumps ist seine Außenpolitik: Wie kann er es nur wagen, den Ukrainekrieg friedlich beenden zu wollen? Nicht mit noch mehr Waffen, sondern mit Verhandlungen! Was fällt dem denn nur ein? Und dann will er auch noch echte Verhandlungen, die Kompromisse von allen Seiten erfordern … Und überhaupt, Verhandlungen, auch mit dem Iran! Was ist denn nur aus den guten alten USA geworden, die dem Rest der Welt ihren Willen mit Sanktionen, Umstürzen und notfalls Krieg aufgezwungen haben? Unter Trump seien die USA kein verlässlicher Partner mehr, heißt es – wobei man im Lichte der vorangehenden Zeilen Partner besser mit Komplize übersetzen sollte. Dass Trump gleichzeitig die Konfrontation mit China sucht – das stört kaum einen. Die bösen Chinesen sind ja sowieso Systemrivale, Herausforderer, gar Feind. Interessanterweise ist ausgerechnet die Bourgeoisie, die hier bremst und Bedenken anmeldet – die interessiert sich nicht besonders für Geopolitik, sondern vor allem für ihre Geschäfte. Trump hat im Kern dieselbe Mentalität aus der Geschäftswelt mitgebracht – man droht, man verhandelt hart, aber am Ende macht man einen Deal. (Dass die globale Machtpolitik auch bei Trump nicht zu kurz kommt, steht auf einem anderen Blatt.)
Und so sagt die Empörung über Trump mehr über die aus, die sich da empören, als über ihn selbst. Dabei meinen wir natürlich nicht Menschen aus dem antirassistischen Spektrum, die Trumps Einwanderungspolitik ebenso kritisieren wie die politische Entwicklung hier, sondern jene, die ein Problem mit Trump nur deshalb haben, weil er nicht so kriegsgeil ist, wie man das von US-Präsidenten gewohnt ist. Erstere hingegen laden wir ein: Wer den Rassismus beseitigen will, muss ihn bei seiner kapitalistischen Wurzel packen. Schaut doch ruhig mal bei der DKP vorbei! Wir führen denselben Kampf.
Ralph Petroff