Perspektive Arbeitslosigkeit

Perspektive Arbeitslosigkeit

 

Wie aus einem Bericht des Bayerischen Rundfunks (BR) hervorgeht, haben es junge Menschen in Deutschland immer schwerer, nach Schule oder Ausbildung eine Lehrstelle zu finden. Doch kein Problem: Immerhin kann man hierzulande schadenfroh mit dem Finger auf Peking deuten und genüsslich darauf verweisen, dass es das Problem auch in China gibt. Aber lässt sich wirklich vergleichen, was oberflächlich gleich wirkt?

Das Problem in China ist ein Überhang an Werktätigen. Kurz gesagt: Nach Schule und Ausbildung suchen mehr junge Menschen nach Arbeit, als derzeit verfügbar ist. Die chinesische Antwort darauf ist schnell gegeben: staatliche Investitionen in die Wirtschaft, um weiteres Wachstum zu stimulieren und somit mehr Menschen in Arbeit zu bringen. In der Bundesrepublik hingegen gibt es einen Überhang an Lehrstellen. Das bedeutet: Obwohl es theoretisch leicht sein müsste, Lehrlinge zu finden, scheint es viel zu wenige zu geben, die ihre Lehrmeister zufriedenstellen.

Doch woher kommt dieser Unterschied? Ein Grund ist natürlich schon mal das System: Das chinesische Schulsystem ist sicher kein Zuckerschlecken, doch es wird ein Vielfaches an Wissen, Bildung und Benehmen vermittelt als hierzulande. In China wird in Infrastruktur, Wirtschaft und Gemeinwesen investiert, wobei die Menschen und nicht der kurzfristige Profit im Mittelpunkt stehen. Auf diese Weise werden auch künftig top ausgebildete Fachkräfte herangebildet, die den Bedürfnissen einer modernen Gesellschaft gerecht werden. So entstehen Arbeitsplätze, Perspektive und dank einer politischen Perspektive auch Innovation und Fortschritt. Und Chinas Erfolge können sich sehen lassen – beispielsweise im Bereich Medizin. Professoren aus der EU, Großbritannien oder Australien, sie alle verweisen ihre Patienten in die kompetenten Arme chinesischer Experten, wenn sie selbst nicht über das nötige Know-how oder Equipment verfügen. Man merkt eben, ob es zuallererst darum geht, gebildete Menschen hervorzubringen – oder lediglich funktionierende Nutztiere für die Bedürfnisse des Kapitals. Wie in jeder Hinsicht, so ist also auch hier der springende Punkt die Klassenfrage: Wie wird produziert (in diesem Fall Bildung)? In wessen Interesse – und für wen?

Gerade auch aus Sicht des Kapitals ist jedoch festzuhalten, dass das Bildungssystem seiner Aufgabe immer weniger gerecht wird. Woran liegt das? Nun, Bildung untersteht der Politik, bzw. genau genommen den Kultusministerien der jeweiligen Länder. Und wenn von oben die Anordnung zum Kahlschlag im sozialen bzw. allen für die Menschen irgendwie nützlichen Bereichen kommt (was sich mit “Zeitenwende” und “Kriegstüchtigkeit” noch verschlimmern wird), dann ist klar, dass für solche Kinkerlitzchen wie Bildung eben einfach kein Geld da ist. Wenn die Schulen schon äußerlich zunehmend verrotten, wie sollte es da um das Geschehen im Inneren besser bestellt sein? In letzter Instanz wird hier – wie auf so vielen anderen Gebieten auch – seit Jahrzehnten um des kurzfristigen Maximalprofits willen die Zukunft geopfert. Die Auswirkungen bekommen wir heute zu spüren. Nur kann man beispielsweise das Schienennetz der Bahn viel leichter sanieren als die Köpfe einer ganzen Generation, wenn man merkt, dass man es mit dem Kaputtsparen übertrieben hat.

Laut dem Bericht des BR ist es inzwischen sogar so weit, dass den Schülern in einer Art Crashkurs überhaupt die nötigsten Benimmregeln vermittelt werden müssen. Natürlich ist das nicht zuerst die Aufgabe der Schulen – doch auch das wirft ein Schlaglicht auf das Bildungssystem in diesem Land. Welche Schulen wollen Sie, liebe Leser? Solche, in denen nach den gesellschaftlichen Bedürfnissen gebildete Menschen hervorgebracht werden – oder solche, die Roboter für das Kapital produzieren und aufgrund der Sparzwänge nicht mal mehr das richtig hinbekommen? Es ist Zeit, den richtigen Weg zu wählen. Wir jedenfalls wissen, was wir wollen.

Ralph Petroff & D. S.