Pack schlägt sich, Pack verträgt sich

Pack schlägt sich, Pack verträgt sich

Umgang der bayerischen Wirtschaft mit der AfD

 

Hermann Josef Abs war Vorstand der Deutschen Bank. Selbst nie Mitglied der NSDAP, arrangierte sich der Bankier schnell mit der Naziherrschaft und war ab 1938 mit der sogenannten Arisierung jüdischer Banken und Unternehmen beschäftigt. Auch im Vorstand der IG Farben saß er – des Konzerns, der immerhin für die Produktion von Zyklon B verantwortlich war. Und natürlich hat er in dieser Rolle auch kräftig von der rücksichtslosen Ausbeutung von Zwangsarbeitern profitiert. Man könnte an dieser Stelle auch Hjalmar Schacht anführen, den Autor der Industrielleneingabe, der sich rein aus seinen Klasseninteressen der NSDP zuwandte, Friedrich Flick und Erwin Kirdorf, die die NSDAP schon sehr früh unterstützten, oder Alfried Krupp von Bohlen und Halbach anführen – das würde indes den Rahmen sprengen.

Warum erzählt der jetzt diese alten Geschichten?, werden Sie sich vielleicht fragen. Nun, ganz einfach: Diese Vergangenheit kam mir in den Sinn, als ich einen Artikel des Bayerischen Rundfunks über den Umgang der bayerischen Wirtschaft mit der AfD gelesen habe. (Nur noch mal zur Klarstellung: Nein, die AfD ist nicht die NSDAP. Aber in einem gewissen Sinne sind beide wesensverwandt, was indes für alle Parteien des Kapitals gilt.) Aus diesem Artikel wird deutlich, dass sich damals wie heute dieselben Fragen stellen.

Konkret geht es darum, dass sowohl der Verband “Die Familienunternehmer” als auch der Verband der Unternehmerinnen (VDU) zu Veranstaltungen jeweils Vertreter der AfD eingeladen hatte. Andere Wirtschaftsverbände hingegen bleiben bei ihrer kategorischen Verweigerungshaltung gegenüber der AfD. Also gutes Kapital, böses Kapital? Keineswegs. Denn wie wir an den aufgeführten Beispielen sehen, sind die einzigen Werte, die das Kapital interessieren, Tausch- und Mehrwert. In diesem Lichte verfolgen die jeweiligen Kapitalfraktionen einfach andere Ziele.

Die Präsidentin der Familienunternehmer Marie-Christine Ostermann formulierte es so: “Die Hoffnung, man könne ein Viertel der bundesdeutschen Wähler durch moralische Ausgrenzung zur Umkehr bewegen, ist nicht aufgegangen. Jetzt hilft nur noch die Auseinandersetzung mit den Inhalten der AfD.” Man wird ihr und ihrem Verband gewiss nicht zu nahe treten, wenn man vermutet, dass diese Inhalte zumindest wirtschaftlich voll auf deren Linie liegen. Andererseits sagte Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft: “Als Wirtschaftsverband setzen wir uns mit niemandem an den Tisch, der rechte Parolen propagiert und vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Das widerspricht unserer Wertekultur.” Übersetzt heißt das: Derartige Schmuddelkinder zu umarmen, könnte unserem Ruf im Ausland und der Gewinnung ausländischer Arbeitskräfte schaden.

Und so verrät die vbw auch mit dankenswerter Offenheit, wo der Hase im Pfeffer liegt: “Was mit der AfD wirtschaftspolitisch droht: ein Rückfall in nationalstaatliches Denken, sowie Propaganda gegen die EU und den Euro.” Die Positionen der AfD, so heißt es, “schaden der Wirtschaft und schrecken ausländische Investoren und Fachkräfte ab”. Die Vermutung, dass in der vbw eher das international orientierte (Groß-)Kapital vertreten ist, während Familienunternehmer, Klein- und mittleres Kapital mit jenem “nationalstaatlichen Denken” viel mehr anfangen kann, liegt nahe.

Und so ist es wie immer: Es geht nicht um irgendwelche höheren Werte, sondern um Euro, Dollar, Yen, Rubel, Yuan usw. Um ein Zitat aus der beliebten Fernsehserie “Two and a Half Men” abzuwandeln: Das Kapital würde mit den Taliban Geschäfte machen, wenn es entsprechende Profite verspräche. Und man darf wetten (wobei wir das hoffentlich nie herausfinden müssen), dass das gesamte Kapital im Falle einer AfD-Regierung schon immer für diese gewesen sein will – und sich ebenso schnell mit der neuen Herrschaft abfinden wird wie einst Abs und Co. …

Ralph Petroff