Nürnberg soll raus

Nürnberg soll raus

 

Die Allianz gegen Rechtsextremismus, der 165 Kommunen und Landkreise und 322 zivilgesellschaftliche Initiativen, Organisationen und Institutionen angehören, muss nach einem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs künftig auf Nürnberg verzichten: Der AfD-Kreisverband Nürnberg/Schwabach und Mitglieder der AfD-Fraktion im Nürnberger Stadtrat hatte gegen die Mitgliedschaft Nürnbergs geklagt. Hintergrund ist, dass die Allianz sich bisweilen auch kritisch zur AfD geäußert hatte. Damit verstoße die Allianz gegen ihre Pflicht zur parteipolitischen Neutralität, die bei einer nicht verbotenen Partei jedoch geboten sei, so das Gericht.

Auf der einen Seite ist es natürlich bezeichnend, dass sich die AfD an einer Allianz gegen Rechtsextremismus stört – wer außer denen, die dabei bekämpft würden, sollte etwas gegen den Kampf gegen Rechtsextremismus haben? Wenn die AfD sich dabei zu Unrecht ins Visier genommen sieht, hätte es mit Sicherheit auch angemessenere Reaktionen gegeben, als die Stadt Nürnberg gleich aus dem Bündnis herauszuklagen; für Handlungen wie diese wurde der Spruch “Mit Kanonen auf Spatzen schießen” erfunden. Mag das Vorgehen der AfD formaljuristisch auch korrekt sein, so ist es in der Außendarstellung doch ein gewaltiges Eigentor und wirkt nicht gerade souverän.

Andererseits ist es natürlich auch typisch für den bürgerlichen Antifaschismus, sich nur auf einzelne Erscheinungen sowie auf Symptome statt auf Ursachen zu fokussieren. Man darf davon ausgehen, dass nahezu alle Landkreise und Kommunen von SPD und CSU regiert werden – zwei Parteien, die der AfD programmatisch durchaus ähnlich sind (bzw. werden): Gerade unter einem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz steht die Union für Neoliberalismus, Flüchtlingsabwehr und Spaltung der Gesellschaft (man denke an das berüchtigte Zahnarzt-Zitat). Und Olaf Scholz sagte im Interview mit dem Spiegel, die BRD müsse “endlich im großen Stil abschieben”. Wo sind da noch die Unterschiede zur AfD? Bürgerlicher Antifaschismus bleibt daher immer an der Oberfläche – weil er das Problem nicht an der Wurzel angehen kann.

Ob Nürnberg wirklich aus der Allianz gegen Rechtsextremismus austreten muss, ist übrigens noch nicht ausgemacht: Wenn die Allianz sich dazu verpflichte, künftig auf explizite Äußerungen zur AfD zu verzichten, könnte sich das ganze Theater noch im Laufe der Revision in Luft auflösen.

Ralph Petroff