Kita-Killer
Der Kindergarten “Purzelbaum” in Augsburg-Haunstetten: Die Leiterin, Sabine Sieber, arbeitet schon seit fast 30 Jahren hier. Sie ist in Sorge wie sie dem BR gegenüber mitteilt: “Die Einrichtung ist schon 52 Jahre alt. Mittlerweile kommen die Kinder der Kinder. Das fände ich furchtbar, wenn das nicht mehr finanzierbar ist.”
Die Sorgen der Erzieher, aber auch die Sorgen der auf sie angewiesenen Familien sind mehr als berechtigt. Der Kindergarten gehört zum freien Träger Arbeiterwohlfahrt (AWO). Wie viele gemeinnützige und soziale Einrichtungen leidet auch dieser Kindergarten unter dem Sozialkahlschlag und der Unterfinanzierung.
Die Folgen: 60.000 Euro Defizit pro Jahr.
Zum Vergleich: Eine einzige Flugstunde in einem Eurofighter Typhoon, dem momentanen Mehrzweck-Kampfjet der Bundeswehr, kostet 75.000 Euro! Eine Stunde … (Die Angabe stammt noch aus der Zeit vor der Energiekrise durch die antirussischen und völkerrechtswidrigen Sanktionen.) Dass an dieser Stelle gekürzt wird? Unwahrscheinlich … In der Regel findet diese bizarre Interessen- und Kostenverteilung medial auch keine Aufmerksamkeit.
Zuerst kann man feststellen, dass es in dieser Klassengesellschaft die einfachen und armen Leute wieder am härtesten trifft. Ein brutaler Klassenkampf, der von oben nach unten geführt wird. Die freien Träger wie Caritas, Diakonie und AWO haben den Auftrag, zu helfen – Alten und Pflegebedürftigen, Kindern, Jugendlichen und Migranten. Aber immer mehr Einrichtungen im Sozialsektor müssen aufgeben. Während sich die Lindners und Merz’ eine private Nanny oder Pflegerin locker leisten können, sind wir es, die im Regen stehen gelassen werden. Friss oder stirb.
Das ist kein Einzelfall, sondern ein weiteres Anzeichen für die Überkommenheit und Unfähigkeit des kapitalistischen Systems, adäquat für seine Bevölkerung zu sorgen.
Silke Scherer ist bei der AWO verantwortlich für die Kinder-, Jugend- und Familienarbeit des Bezirksverbands Schwaben. Allein in Augsburg kommt sie bei fünf Einrichtungen auf ein jährliches Defizit von 210.000 Euro. Einen Hort mussten sie vor Kurzem aufgeben – er allein machte 40.000 Euro Minus pro Jahr. Von den Kommunen wünscht sie sich mehr Unterstützung wie sie sich ebenfalls gegenüber dem BR äußert. Aber was sie mitbekommt, ist: “Augsburg hat kein Geld, die Kassen sind leer.” Den Kommunen stehe das Wasser bis zum Hals.
Die Defizite muss die AWO bislang durch Spenden oder Rücklagen ausgleichen. Beschämend in der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt, auch in Relation zu dem, was hier in Rüstung gepumpt wird.
Passend dazu hat die bayerische Landesregierung angekündigt, weiter zu kürzen. In welchem Bereich, ist nicht weiter verwunderlich – im sozialen. Das Familien- und Krippengeld für Bayerns Eltern wird halbiert. Was dort weggenommen wird, soll angeblich in den Ausbau von Pflegeeinrichtungen fließen. Aber wer soll die sich dann noch leisten können?
D. S.