Gewalt gegen Obdachlosen in Aschaffenburg

Gewalt gegen Obdachlosen in Aschaffenburg

 

Vor einem Jahr wurde in Aschaffenburg ein Obdachloser krankenhausreif geschlagen – und die Täter haben ihren Angriff auch noch gefilmt. Nun sind “harte Strafen” verhängt worden, wie der Bayerische Rundfunk schreibt: Ein Täter (22) muss für vier Jahre und neun Monate in eine forensische Entziehungsanstalt. Der andere unterliegt mit 20 Jahren (!) immer noch dem Jugendstrafrecht und wurde zu fünf Jahren Jugendhaft verurteilt.

Es war eine abscheuliche Tat, die 30 Minuten dauerte und von der sich das Opfer bis heute nicht erholt hat. Dabei ist der Mechanismus ein ganz einfacher, der sich etwa beim Mobbing oft ähnlich äußert: Nach oben muss man buckeln, also tritt man nach unten. Man muss tun, was der Chef sagt – sonst hat man keinen Job mehr. Man muss tun, was das Jobcenter verlangt – sonst sitzt man auf der Straße und bettelt. Dabei entsteht gewaltiger Frust, und da man sich nicht direkt gegen die Peiniger wehren kann, lässt manch einer diesen Frust an Schwächeren aus.

Dabei sei ausdrücklich gesagt: Nichts rechtfertigt so eine barbarische Tat! Die obigen Überlegungen sollen auch gar nichts entschuldigen, sondern aufzeigen, wie es zu einer solchen Verrohung kommen kann. Wer die berühmte südkoreanische Serie Squid Game kennt, bei der Hunderte arme Schlucker mit ihrem Leben um ein gewaltiges Preisgeld spielen, das der letzte Überlebende erhält, hat gesehen, wie sich der Kampf aller gegen alle ums nackte Überleben auswirkt: Während einige Solidarität entwickelten und zusammenhielten, waren andere bereit, jeden zu opfern oder sogar direkt zu töten, um ihre Gewinnchancen zu erhöhen.

Und so erklärt sich dann eben auch eine solche Tat – ein krankes Verhalten in einem kranken System, das krank macht. Noch mal: Das ist keine Entschuldigung! Die Täter hätten hart bestraft werden müssen, und die Schwächsten unserer Gesellschaft müssen besser geschützt werden. Aber solange wir das System nicht so einrichten, dass der Mensch dem Menschen ein Helfer ist statt ein Wolf, wird sich die aus der jetzigen “Ordnung” folgende Verrohung leider immer wieder so oder ähnlich äußern.

Ralph Petroff