Gebeutelte Zulieferer

Gebeutelte Zulieferer

 

In Schweinfurt stehen Umstrukturierungen an. Ein schönes Wort im Vergleich zu Stellenabbau und Kündigungen.

Es ist ja leider auch nichts Neues. Vor Kurzem haben wir über ZF geschrieben, das in der Krise steckt. Dabei sind wir auch auf diverse Hintergründe eingegangen. Dass es bei anderen Firmen unerwartet rosig aussehen könnte, ist unwahrscheinlich.

Praktisch alle großen Firmen in der Zuliefererbranche haben Probleme. Das liegt an drei Faktoren.

1.) Von staatlicher Seite gab es keine Leitung dafür, die Automobilindustrie zukunftsfähig zu machen. Verpflichtungen für Konzerne, erschwingliche und alternative Antriebssysteme zu entwickeln, wurden nie ausgesprochen. Wir kennen das als “Der Markt regelt das”, was dazu führte, dass Deutschland, einst Autoland, auf dem Weltmarkt immer mehr zurückgedrängt wurde.

2.) Die Wirtschaftsbosse, Manager und Lobbyisten haben nur den kurzfristigen Profit vor Augen. Langfristige und zukunftsträchtige Investitionen kosten erst mal nur. Der Grund für die hiesige Automobilindustrie, E-Modelle auf den Markt zu werfen, hatte nichts mit einem Schuldeingeständnis wegen des Abgasskandals zu tun oder damit, dass man seine grüne Seele entdeckt hätte. Nein, wenn man sich den Zeitpunkt genauer ansieht, lag diese Entscheidung verdächtig nahe am Beschluss der chinesischen Regierung, den Import ausländischer Verbrenner deutlich zu regulieren. Und China ist der größte Absatzmarkt für deutsche Autos. Waren diese deutschen Modelle aber schon so weit, mit den weit überlegenen und günstigeren chinesischen Modellen mitzuhalten? Sicher nicht …

3.) Geopolitik … Um Russland “zu ruinieren”, hat man sich entschlossen, auf viele günstige Rohstoffe zu verzichten. Auch und gerade China ist aber ein Faktor, der vielen Unternehmen große Angst macht. Dabei gelten die Befürchtungen nicht der Volksrepublik, sondern der eigenen Regierung. Der Ton der hiesigen Politik gegenüber Beijing wird zunehmend rauer, und viele Firmen haben Angst, zwischen die Fronten eines großen künftigen Handelskrieges zu geraten. Nicht ganz unbegründet … Das würde unsere Industrie massiv bedrohen. Weshalb viele deutsche Konzerne in China nicht mehr auf deutsche Zuliefererprodukte setzen, sondern auf lokal in China selbst gefertigte Produkte.

Zurück nach Schweinfurt.

Das neueste (und höchstwahrscheinlich nicht letzte) Problem äußert sich gerade bei SKF. Der Industrie-Gigant plant eine Aufspaltung. Wie man sich schon denken kann, handelt es sich um die Bereiche Automobil und Industrie. Laut einer Pressemitteilung verspricht sich SKF, dadurch den Kundennutzen zu erhöhen, das Wachstum zu beschleunigen und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.

Für das Jahr 2026 hat das Unternehmen einen Börsengang geplant, und da könnte der gebeutelte Automobilbereich für größere Verunsicherung bei den Aktionären sorgen. Das wiederum würde den Profit schmälern und ist natürlich nicht hinnehmbar.

Doch welche Auswirklungen bringt die Abspaltung für die hiesigen Beschäftigten des Wälzlagerspezialisten mit sich? In Deutschland beschäftigt die Firmengruppe laut eigenen Angaben rund 6000 Mitarbeiter. Den größten Produktionsstandort stellt hierbei Schweinfurt mit seinen rund 4000 Beschäftigten dar.

“Die geplante Abspaltung lässt sich aus Sicht der IG Metall aktuell noch nicht abschließend bewerten, da die konkreten Folgen für die Beschäftigten derzeit schwer abzusehen sind”, erklärt Thomas Höhn von der IG Metall Schweinfurt. “Dennoch sehen wir erhebliche Risiken, auch für den Standort Schweinfurt.” Die angepeilten Gewinnziele des Konzerns – 20 Prozent im Industriebereich – werden laut dem IG-Metall-Bevollmächtigten nicht ohne “Umstrukturierungen” erreichbar sein.

Problematisch sei gleichwohl, dass in Schweinfurt nicht nur Industrieprodukte gefertigt werden, sondern eben gerade auch Teile für den Automobilbereich. “Mit der Abspaltung müssen alle Automotive-Bereiche komplett ausgelöst und räumlich separiert werden. Der Schritt des Konzerns birgt das Risiko einer noch stärkeren Abhängigkeit von wenigen Geschäftsfeldern”, so Höhn.

Wir sind solidarisch mit allen Arbeitern der gebeutelten Industrie. Sie können nichts für die Zockereien von Managern, Geopolitik und Misswirtschaft der Regierung. Keine einzige Kündigung, die daraus resultiert, ist hinnehmbar!

D. S.