Ernst Thälmann – Eine Biographie
Das letzte Buch, das ich gelesen habe, war die zweibändige Biographie von Ernst Thälmann (“Ernst Thälmann – Eine Biographie”) aus der DDR. Thälmann war der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Deutschlands, gewissermaßen unserer Vorgängerpartei, von 1925 bis zu seiner Einkerkerung durch die Nazis 1933. Ab da lebte Thälmann elf Jahre im faschistischen Kerker, bis er weniger als ein Jahr vor Kriegsende eiskalt ermordert wurde.
Zum einen ist die Biographie Thälmanns (1896-1944) ein interessantes historisches Dokument, das eine entscheidende Epoche der deutschen Arbeiterbewegung erzählt. In seinem viel zu kurzen Leben hat Thälmann eine Menge historischer Marksteine miterlebt, vom Ersten Weltkrieg und der Oktoberrevolution über die gescheiterte Novemberrevolution in Deutschland und die gesamte Weimarer Republik bis hin zum antifaschistischen Kampf und der Errichtung der faschistischen Diktatur, dem Reichstagsbrand und der Entfesselung des Zweiten Weltkriegs.
Nun mag man einwenden: Das ist ja alles schön und gut, aber welche Bedeutung hat das für uns heute? Was kann man von einem Mann lernen, der vor fast 80 Jahren ermordet wurde? Nun, eine ganze Menge.
Erstens ist es der KPD unter Thälmanns Führung gelungen, Abweichungen nach rechts wie nach links zu vermeiden. Im Klartext bedeutet das: Es wurde nicht zugelassen, dass die Partei den Klassenkampf aufgibt und sich wie die SPD der herrschenden Klasse anpasst und anbiedert. Zugleich wurde aber auch vermieden, dass die Partei an der “Kinderkrankheit im Kommunismus” erkrankt – revolutionären Übermut und Verbalradikalismus, der auf diejenigen Arbeiter abschreckend wirkt, die das richtige Klassenbewusstsein noch nicht entwickelt haben.
Zweitens hat Thälmann stets versucht, gerade diese Arbeiter abzuholen, und war im Sinne einer Arbeitereinheitsfront sogar zu gewissen Zugeständnissen bereit. So ging die KPD im Sinne einer antifaschistischen Einheitsfront – ein Thema mit bemerkenswerter Aktualität – durchaus auf die sozialdemokratischen und parteilosen Arbeiter zu, indem sie die Anerkennung des Kampfes um den Sozialismus und für ein Sowjetdeutschland nicht zur Vorbedingung für den gemeinsamen Kampf machte. Zugleich wurde nicht darauf verzichtet, auch diese Arbeiter in der alltäglichen Praxis an den Klassenkampf heranzuführen.
Und schließlich kann man sich von Thälmann seine Standhaftigkeit abschauen. Nachdem er kurz nach dem Reichstagsbrand von den Faschisten eingekerkert worden war, bekam Thälmann mehrfach Angebote von den Nazis: Er müsse sich nur vom Kommunismus lossagen, ihn als Irrlehre bezeichnen und den Faschismus preisen, schon könne er wieder frei sein. Doch eine solche Form der “Freiheit” wollte Thälmann nicht! Stattdessen ertrug er weiterhin die Misshandlungen und Schikanen im faschistischen Kerker und setzte seine ganze Hoffnung auf die Gewissheit eines kommenden Sieges der Sowjetunion und des Sozialismus. Leider durfte er dies nicht mehr miterleben.
Beide Bände zusammen machen über 800 Seiten aus. Wer jedoch an der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung (speziell in dieser entscheidenden Phase) und ihren Lehren für die heutige Zeit interessiert ist, dem kann ich diese Lektüre nur empfehlen.
Für Filmfreunde sei hinzugefügt, dass es auch zwei Filme zu Thälmanns Leben gibt – “Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse” sowie “Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse.”
Ernst Thälmann – Eine Biographie
ISBN-10 3880123942
ISBN-13 978-3880123946
Erhältlich hier und für alle, die nicht daran interessiert sind bei Amazon zu kaufen, gibt es die Biographie, ebenso wie die Filme im UZ-Shop.
Ralph Petroff