Compact-Verbot – gut, oder nicht?

Compact-Verbot – gut, oder nicht?

 

Das rechtsradikale Magazin Compact wurde vom Innenministerium verboten. Das ist auf den ersten Blick eine gute Sache – und doch zutiefst beunruhigend.

Compact hätte laut Elsässer – einem Mann, der seine politische Überzeugung wechselt wie andere ihre Unterwäsche und es vom militanten Antideutschen über den Vulgärantiimperialisten schließlich zum Deutschnationalen gebracht hat – ein Magazin werden sollen, in dem sich “demokratische Linke und demokratische Rechte” begegnen. Sehr bald zeigte sich jedoch, dass bei Compact die Rechten unter sich waren. Es wurde von einem “Feindbild Deutsche” fabuliert, die NSU-Morde wurden in Frage gestellt, Titel wie ein frohlockendes “Das Reich wird Pop” oder “Deutschland den Deutschen” waren ebenso an der Tagesordnung wie Warnungen vor einer “Invasion aus Afrika“, Hetze gegen Muslime und das Feiern der radikalsten AfD-Politiker. Compact wurde also sehr schnell zum propagandistischen Arm des “Flügels”, der radikalen AfD-Fraktion um Björn Höcke.

Niemand außer dieser Klientel kann es also bedauern, wenn dieses Magazin nicht mehr erhältlich ist und nicht mehr sein Gift verspritzen kann. Alles prima also? Das nun auch wieder nicht. Denn was irritiert – um das Mindeste zu sagen –, sind die Begründungen. “Das Verbot zeigt, dass wir auch gegen die geistigen Brandstifter vorgehen, die ein Klima von Hass und Gewalt gegenüber Geflüchteten und Migranten schüren und unseren demokratischen Staat überwinden wollen”, triumphiert Innenministerin Nancy Faeser. Nur ist das leider keine juristische Kategorie – die lauteten in diesem Fall Volksverhetzung bzw. Verfassungsfeindlichkeit und wären vom Bundesverfassungsgericht festzustellen. So hingegen läuft diese Argumentation – ähnlich wie bei der schwammigen Kategorie der “Gefährder” – auf ein “Wer geistiger Brandstifter ist, bestimme ich” hinaus.

Im Grunde werden hier also Meinungen kriminalisiert – abstoßende Meinungen, die wir zutiefst ablehnen, deren Rechtswidrigkeit aber willkürlich festgelegt wurde. Im Moment kommt der Wind des Protests von rechts, da es diesen Demagogen gelungen ist, sich als die einzige Macht gegen das Establishment zu inszenieren. Doch was passiert, wenn der Wind dreht und von links kommt? Wer sind dann die “geistigen Brandstifter”, die “ein Klima von Hass und Hetze gegen Kapitalisten und Faschisten schüren und unseren demokratischen Staat überwinden wollen”? Was wird dann verboten? Die junge Welt, die ja ohnehin schon Opfer staatlicher Diskriminierung ist (der Prozess gegen den Staat hat übrigens kürzlich begonnen und große Aufmerksamkeit erregt)? Die UZ? Gar die DKP? Wenn der bürgerliche Staat anfängt, missliebige Meinungen zu kriminalisieren, ist es nur eine Frage der Zeit (und der Kräfteverhältnisse), bis die politische Linke zum Opfer wird. Zumal eine klassenkämpferische Linke für die Bourgeoisie viel gefährlicher ist als die loyal kapitalistische Rechte.

Elsässer bezeichnete das Vorgehen der Behörden übrigens als “faschistische Maßnahmen” und erklärte, wenn eine “legale” Publikation in diesem Land ohne juristische Urteile verboten werde, dann “ist kein anderes kritisches, oppositionelles Medium mehr sicher vor den diktatorischen Maßnahmen dieses Regimes”. Es entbehrt zwar nicht einer gewissen Ironie, wenn sich ein Rechtsradikaler über faschistische Maßnahmen beschwert – und doch legt Elsässer den Finger tief in die Wunde …

Ralph Petroff