Bürgerlicher “Antifaschismus”

Bürgerlicher “Antifaschismus”

 

Im Zusammenhang mit dem mutmaßlich geplanten Umsturzversuch einer Gruppe Reichsbürger um Heinrich Reuß, die 2022 verhaftet worden war, kam es nun zu weiteren Festnahmen. Auch in Bayern wurden drei Personen verhaftet, so der Bayerische Rundfunk, eine davon aus dem oberfränkischen Forchheim. Es gibt für uns absolut keinen Grund, mit solchen Gestalten in irgendeiner Form Mitleid zu haben.

Doch die entscheidende Frage ist: Was bringt diesen bürgerlichen Staat nun dazu, scheinbar hart und konsequent gegen Faschisten vorzugehen? Schließlich stellte Bertolt Brecht völlig zu Recht fest: “Wer den Privatbesitz an Produktionsmitteln nicht preisgeben will, der wird den Faschismus nicht loswerden, sondern ihn brauchen.” Und Buenaventura Durruti schilderte denselben Sachverhalt – wenn auch mit einer gewissen anarchistischen Verzerrung – so: “Keine Regierung kämpft gegen den Faschismus, um ihn zu zerstören. Wenn die Bourgeoisie sieht, dass ihr die Macht aus den Händen gleitet, erhebt sie den Faschismus, um an ihren Privilegien festzuhalten.” Warum also gibt sich die BRD so eifrig und entschlossen antifaschistisch?

Nun, die Antwort dürfte ziemlich einfach sein: An ein paar armseligen Pappnasen kann man sich wunderbar alibimäßig abarbeiten und vortäuschen, dass der Staat keineswegs auf dem rechten Auge blind sei. Doch gleichzeitig sind faschistische Parteien immer noch legal tätig und erhalten teils großzügige Spenden, zudem wird gegen faschistische Schlägerbanden wenig bis nichts unternommen. Auf diese Weise lässt sich wunderbar die Illusion erzeugen, man gehe gegen “alle Extremisten” vor – um danach wieder umso entschlossener nach links auszuteilen. Die Faschisten mögen vielleicht ein Ärgernis sein – so offen und radikal und krawallig, wie sie auftreten. Doch in nicht wenigen Fällen lässt sich die etablierte Politik die Agenda de facto von weit rechts diktieren. Der wahre Feind steht links.

Und das ist ja auch ganz klar: Das Kapital hat viel klarer als die meisten Linken begriffen, dass letztlich alles in der Politik eine Klassenfrage ist. Die Linke gefährdet in ihrer reformistischen Form zumindest die Profite, in ihrer konsequenten Form sogar die Herrschaft der Bourgeoisie. Die Faschisten hingegen lenken den berechtigten Frust der Bevölkerung auf Ausländer als Sündenböcke, tragen mit ihrem Gerede von der “Volksgemeinschaft” zwischen deutschen Arbeitern und Kapitalisten zur Klassenversöhnung einerseits und mit ihrem Rassismus zur Klassenspaltung andererseits bei. Es ist daher kein Wunder, dass die Bourgeoisie den Faschismus stets alimentiert, begrüßt und von ihm profitiert hat. Und historisch gesehen hat das Kapital von Aufrüstung, Eroberungskriegen, “Arisierungen” und Zwangsarbeit (und selbst noch von den Leichen in den Konzentrationslagern) gewaltig profitiert.

Doch nachdem die deutschen Faschisten ganz Europa in Brand gesteckt, dabei nur Unheil über die Völker des Kontinents gebracht und auch noch fabrikmäßig organisierten Völkermord begangen hatten, war der Faschismus natürlich diskreditiert. Das zwang und zwingt das deutsche Kapital dazu, sich zumindest in Worten entschieden von dieser Ideologie und ihren Vertretern zu distanzieren. Um dem sowie geistigen Verrenkungen wie der Totalitarismusdoktrin zumindest noch offenkundig zu widersprechen, bedarf es eben ab und zu auch mal eines dezenten Fingerklopfens nach rechts – nur, um dann umso entschiedener wieder nach links schlagen zu können. Und ein paar skurrile Clowns vom rechten Rand sind dafür die idealen Prügelknaben.

Ralph Petroff