Sozialkahlschlag – mit der Laubsäge

Sozialkahlschlag – mit der Laubsäge

 

Die Bayerische Landesregierung hat Sozialkürzungen beschlossen. Und was macht der Bayerische Rundfunk (BR)? Der feiert das in einem mehr als zynischen Kommentar. Doch der Reihe nach.

In Bayern wurde das sogenannte Kinderstartgeld gestrichen – eine sinnvolle Maßnahme in einem Land, dessen Geburtenrate niedrig ist und in dem nicht wenige auf Kinder verzichten, weil sie sie sich schlicht nicht leisten können. Doch im BR kanzelt ein Achim Wendler derlei Bedenken mit dem lapidaren Satz ab: “Der Anspruch als ‘Familienland’ wird daran nicht scheitern.” Er muss es ja wissen. Und ich würde jede Wette eingehen, dass Wendler diese Maßnahme, die er als “richtig” bezeichnet, persönlich nicht trifft.

“Die Zeiten von Extra-Geldern sind einfach vorbei”, behauptet Wendler kurzerhand. “Auch in Bayern, und hoffentlich auch in künftigen Wahljahren. Bitte keine solchen Wahlgeschenke mehr! Markus Söder zeigt, dass er die Herausforderung annimmt: Politik zu machen mit schrumpfenden Mitteln.” Man weiß gar nicht, was einen mehr zum Kopfschütteln animiert – der kalte Zynismus, mit dem der Autor Sozialleistungen als “Extra-Gelder” und “Wahlgeschenke” abtut, oder seine vollständige Ignoranz (dazu später mehr).

Doch Wendler reicht das alles noch gar nicht – der Sozialabbau muss total sein: “Aber warum nur in Bayern? Noch glaubwürdiger wäre es, wenn Söder seinen Ehrgeiz auch bundespolitisch zeigte, sich von der Ausweitung der Mütterrente verabschiedete.” Und an anderer Stelle liefert er ein perfektes Beispiel für neoliberale Propaganda: “Nun also die Laubsäge. Präzise Schnitte. Das ist besser, als jede Reform so lange aufzuschieben, bis nur noch die Kettensäge wirkt.” Dass die Säge gebraucht wird, ist also schon mal ausgemachte Sache. Und dass die Kettensäge wirkt, wird dabei ebenso implizit behauptet, wie Sozialabbau als “Reform” verkauft und verniedlicht wird.

Eine ganz wichtige Sache lässt Wendler allerdings aus – die Begründung für all diese Thesen, die er einfach mal als Tatsachen hinstellt. Dabei ist der Grund für den Kahlschlag doch ganz offensichtlich: Das Geld wird anderweitig gebraucht. Die Bundesrepublik muss “kriegstüchtig” werden, wegen der “Zeitenwende” und so. Dafür braucht man viel Mordwerkzeug und Schießgerät, und das ist teuer. Also kann der Staat natürlich nicht mal auf dem bisherigen notdürftigen Niveau für die Menschen sorgen – es ist doch viel wichtiger, dass anderswo welche getötet werden können. Mit diesem Kommentar bestätigt Wendler letzten Endes den überdeutlichen Zusammenhang zwischen Aufrüstung und Sozialabbau – ohne das Kind jedoch beim Namen zu nennen.

“Das Wichtigste an diesem Haushaltsentwurf ist nicht, dass CSU und Freie Wähler neue Schulden vermeiden. Am wichtigsten ist, dass sie nicht nur über Prioritäten reden, sondern sie wirklich setzen (Hightech, Forschung, Kommunen). Und woanders kürzen”, so sein Fazit. Und für das Kriegsgerät wie die Sparmaßnahmen gilt: Solange es nur Menschen trifft …

Ralph Petroff