Israel – Cancel-Culture und “westliche Werte”
Protestaktionen gegen Israel haben in letzter Zeit merklich zugenommen. Zum einen wurde die Vuelta a España 2025 immer wieder durch Aktionen gestört, die gegen die Radsportler des Teams Israel-Premier Tech gerichtet waren. Zum anderen wurden jüngst die Münchner Philharmoniker von einem Auftritt in Belgien ausgeladen, weil sich der designierte israelische Chefdirigent Lahav Shani nicht hinreichend von der Politik der israelischen Regierung distanziert habe. Über beides berichtet die Jüdische Allgemeine; und die Empörung ist groß.
Zu Recht, wie ich finde. Sportler, Künstler und sonstige “Zivilisten” können nichts für die Politik ihrer jeweiligen Regierung; und selbst wenn jemand deren Politik gutheißt – so viel Meinungsfreiheit muss erlaubt sein. Niemand darf wegen seiner Herkunft oder seiner politischen Ansichten diskriminiert werden (solange daraus keine menschenfeindlichen Handlungen folgen). Die Jüdische Allgemeine zitiert die Philharmoniker sowie die Stadt München mit den Worten: “Israelische Künstler unter Generalverdacht zu stellen und kollektiv zu bestrafen, lehnen wir entschieden ab. Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder religiösen Zugehörigkeit von der Bühne, dem Konzertsaal oder anderen öffentlichen Orten zu verbannen, ist ein Angriff auf wesentliche europäische und demokratische Werte.” Und in einem Meinungsartikel zu den Vorfällen bei der Vuelta schreibt Martin Krauß: “Sport ist gerade deswegen bedeutend, weil bei ihm aus Prinzip alle teilnehmen dürfen, selbstverständlich auch Israelis.”
Ich finde, Krauß bringt es hier auf den Punkt: Der Sport (und auch die Kultur) gehört allen, und – ich weiß, ich wiederhole mich – niemand darf aufgrund seiner Herkunft oder Meinung ausgeschlossen werden. Doch die entscheidende Frage ist für mich: Wie war das 2022? Damals wurden russische und weißrussische Sportler sowie Kulturschaffende massenhaft gesperrt und ausgeladen; im Fußball zum Beispiel dürfen russische Mannschaften bis heute nicht mitspielen. Und das nur aufgrund ihrer Herkunft oder ihrer – in den meisten Fällen nur unterstellten – politischen Meinung. Und ich kann mich nicht erinnern, zu dieser Diskriminierung gewaltigen Ausmaßes in den Mainstreammedien auch nur einen einzigen kritischen Kommentar gelesen oder gehört zu haben. Auch eine entsprechende Suche bei der Jüdischen Allgemeinen ergab zu diesem Thema nichts. Da gab es kein Gefasel von “westlichen und demokratischen Werten”, da wurde nicht auf die Universalität des Sports hingewiesen. All das spielte keine Rolle, denn die Diskriminierung war ja “politisch korrekt”.
Und so muss man Krauß’ schöne und treffende Aussage leider etwas abwandeln: Am Sport dürfen aus Prinzip alle teilnehmen, selbstverständlich auch Israelis – nur niemand aus (aus westlicher Sicht) “Schurkenstaaten”. Wo kämen wir da auch hin?
Ralph Petroff