Zollpräsident Trump

Zollpräsident Trump

 

US-Präsident Donald Trump hat neue Zölle verhängt – im Grunde gegen die ganze Welt. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wie sich die Dinge geändert haben: 80 Jahre lang pochten gerade die westlichen Länder auf Freihandel – weil sie ökonomisch weit überlegen waren, die Entwicklungsländer mit ihren billigen Überschussprodukten überschwemmen und sich auf diese Weise einen beträchtlichen Extraprofit sichern konnten. Jetzt hingegen, wo sich diese Länder tatsächlich entwickelt haben und als Exportnationen selbst vom Freihandel profitieren, kommt plötzlich wieder der Protektionismus in Mode.

Dabei ist die Strategie auf den ersten Blick nachvollziehbar: Länder, die eine eigene Industrie entwickeln wollen (und die USA sind gründlich deindustrialisiert), müssen verhindern, dass ihre Märkte mit Billigwaren aus dem Ausland überschwemmt werden – dem diente ja auch das staatliche Außenhandelsmonopol etwa in der Sowjetunion. Werden Waren einfach importiert, macht sich niemand die Mühe, sie selbst herzustellen und dafür eine eigene Industrie aufzubauen. Insofern wirkt Trumps Vorgehen sinnvoll.

Doch was er anscheinend vergisst: Die USA sind trotz ihres fortschreitenden Niedergangs kein Entwicklungsland, sondern eine globale Wirtschaftsmacht – und als solche auf funktionierenden Außenhandel angewiesen. Fachleute haben bereits errechnet, dass der Preis für ein iPhone – das derzeitige Flaggschiff der US-Technologie und -Innovation – aufgrund der Zölle auf viele zu importierende Bestandteile auf nahezu 900 Dollar steigen könnte. Die Einfuhr wichtiger Waren und Komponenten der Produktion wird teurer und komplizierter – gerade in einer Zeit, in der im Rahmen der Just-in-Time-Produktion deren stetige und sofortige Verfügbarkeit entscheidend ist, ist das ein Schuss ins Knie. Zumal die derart behandelten Länder sich ja auch nicht zurücklehnen und Däumchen drehen, doch dazu später mehr.

Doch Trump will nicht nur die US-Industrie stärken: Es geht natürlich auch darum, die Konkurrenz zu schwächen – vor allem die Volksrepublik China. Wenn Staaten und Staatenblöcke wie Japan, China und die EU mehr für Exporte in die USA bezahlen müssen, schmälert das ihre Profite – oder sie verlieren den wichtigen Zugang zum US-Markt. Auf die EU-Staaten wird das durchaus Einfluss haben, gerade auch auf die Bundesrepublik, die extrem auf den Export angewiesen ist. Gut möglich also, dass Trumps Zölle uns weiter steigende Arbeitslosigkeit bescheren – denn entweder brechen Aufträge weg, oder der Export wird teurer. Und wir alle wissen, an welcher Stelle dann gespart wird.

Aber wir sorgen uns gar nicht um das Wohlergehen des BRD-Kapitals. Global betrachtet ist der Kampf der USA gegen China am relevantesten – und da hat Trump sich verrechnet. Erstens will die Volksrepublik ohnehin vom Exportmodell wegkommen und den Binnenkonsum fördern. Zweitens schaden diese Maßnahmen (siehe oben) nicht zuletzt auch dem US-Kapital – und indirekt auch der dortigen Arbeiterklasse, also gerade vielen von Trumps Wählern. Und drittens ist der chinesische Markt für US-Unternehmen mindestens so wichtig wie umgekehrt. Dementsprechend dürften sich die von China verhängten Gegenzölle weitaus verheerender auswirken als die US-Zölle – denn die Volksrepublik hat bereits während Trumps erster Präsidentschaft bewiesen, dass sie durchaus neue Märkte erschließen kann (darunter auch der gewaltige Binnenmarkt).

Für uns Kommunisten ist ziemlich egal, wie die kapitalistische Weltwirtschaft eingerichtet ist, wo wir den Kapitalismus ohnehin beseitigen wollen. Doch uns liegen die Arbeiterklasse, der proletarische Internationalismus und die sozialistischen Staaten dieser Welt am Herzen. Die Folgen von Trumps Zöllen werden steigende Preise, wachsende Arbeitslosigkeit und zunehmende Kriegsgefahr sein – denn was passiert, wenn Trump merkt, dass seine Zölle im Kampf gegen China ein Eigentor werden? Wird er sie aufheben, vielleicht sogar selbstkritisch sein? Das ist nicht anzunehmen. Eher wird selbst er merken, dass die USA sich auf das einzige Feld verlegen müssen, auf dem sie noch (noch!) überlegen sind – das militärische. Die allgemeine Krise des Kapitalismus vertieft sich immer weiter – die Frage ist nur, ob wir uns mit in den Abgrund reißen lassen oder diesem System endlich ein Ende bereiten.

Ralph Petroff