Häusliche Gewalt: Zeit für eine Bilanz

Häusliche Gewalt: Zeit für eine Bilanz

 

Am 25. November war der internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Anlässlich dieses Tages fanden an vielen Orten in Europa Demonstrationen und Kundgebungen statt.

Zeit, Bilanz zu ziehen, wobei man sich das eigentlich traurigerweise schenken kann. Das Problem häusliche Gewalt ist alt, und unter manchen Menschen wandelt sich die Haltung dazu erschreckend langsam. Ein gewisser Friedrich Merz (CDU) hat beispielsweise einmal gesagt: “Vergewaltigung in der Ehe ist kein Verbrechen.” Scheint so, als könnte man mit solchen “Werten” bei der CDU Karriere machen, werter Kanzlerkandidat. Absolut ekelerregend …

Gut, aber bei unseren Werten, die wir doch immer in aller Welt so hochhalten und andere Länder moralisch belehren, sollte sich seitdem doch einiges getan haben oder? NEIN, im Gegenteil! …

Die Gewalttaten häufen sich, und um Hilfemöglichkeiten für Betroffene findet unter den Opfern ein Konkurrenzkampf statt. Wenn es denn überhaupt so weit kommt.

Denn aus allerlei Gründen kommt es oft nicht mal zur Anzeige der Taten. Das ist auch absolut verständlich. Viele Menschen quält die Scham, der Gedanke, selbst schuld zu sein, der mit dem Trauma kommt, mit dem viele auch nach der Gewalt noch zu kämpfen haben. Aber auch die Angst vor den Folgen wie Rache des ehemaligen Partners. Manche leiden ein Leben lang unter den Folgen. Dann von einem Polizisten Unglauben und Skepsis zu ernten, während durch das Erzählen alles noch mal durchlebt wird, ist hart.

Wer dann noch einen Platz in einem der unterfinanzierten Frauenhäuser bekommt, darf sich privilegiert nennen, leider. Insgesamt gibt es in Bayern 41 staatlich geförderte und drei nicht staatlich geförderte Frauenhäuser mit 389 Plätzen für Frauen und rund 440 für Kinder. “Derzeit ist das eine freiwillige Leistung der Kommunen, die selbst oft finanziell überlastet sind”, sagt auch Stefanie Fraaß vom Arbeiterwohlfahrtsverband Bayern gegenüber dem BR zur Finanzierung der Frauenhäuser.

Bundesweit fehlen laut Gewerkschaft der Polizei 15.000 Plätze in Frauenhäusern. Da diese Angaben von der Polizei kommen, kann man sich sicher sein, dass der Bedarf noch ein ganzes Stück höher sein dürfte.

Zum Jahrestag hört man wie jedes Jahr viele schöne Worte aus der Politik. “Es muss mehr Frauenhausplätze und Beratungsangebote geben, verlässlich finanziert. Opfer von Gewalt brauchen einen Anspruch auf Schutz”, schrieb etwa Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf X. Ernsthafte Maßnahmen bleiben aus. Das notwendige Geld muss ja schließlich in neue Waffen und in Steuergeschenke für Großkonzerne fließen, wie immer.

So kommt es, dass jeden einzelnen Tag in Deutschland eine Frau durch häusliche Gewalt stirbt. Die Versuche für einen Mord liegen knapp dreimal höher. Letztes Jahr lagen die Tötungsversuche an Frauen und Mädchen bei 938. Fast ausschließlich sind es die Familie oder der Partner, die der Frau zum Verhängnis werden.

“Das Zuhause bleibt der gefährlichste Ort”, so das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung am Montag zur Veröffentlichung des Jahresberichts 2023.

An dieser Stelle will ich allerdings erwähnen, dass sich häusliche Gewalt nicht nur gegen Frauen richtet. Auch Männer sind betroffen. Doch ist das in der Gesellschaft leider ein noch zu großes Tabuthema. Dabei betrifft häusliche Gewalt zu 30 Prozent auch Männer. Die Dunkelziffer wird weit höher liegen. Auch hier geht es um Scham. Wenn selbst Psychologen und Psychiater, die für viele Betroffene die erste Anlaufstelle bilden, Kommentare von sich geben wie “ich frage mich, was das für Männer sind”, wird es noch ein langer Weg sein, bis sich manch einer traut, über sein Leid zu sprechen.

Dem Problem kann insgesamt nur gerecht begegnet werden, wenn das Bedürfnis und die Nöte der Menschen in den Mittelpunkt des Wirtschaftens gestellt werden. Damit wir die Versorgung bekommen, die nötig, möglich und verdient ist. Aber halt, das wäre ja Sozialismus.

D. S.